Wertvolle Erkenntnisse liefern dabei beispielsweise die täglichen Routinen, denen Konsumenten in ihrem Alltag nachgehen und die Herausforderungen, mit denen sie sich dabei konfrontiert sehen. Der inzwischen verstorbene Harvard-Professor und Vordenker der modernen Innovationsstrategie, Clayton Christensen, hat es auf den Punkt gebracht: „You should look at the workarounds that your customers are needing to do. It becomes a real source of a lot of insights.“
In der Kombination mit weiteren Erkenntnissen über die verfügbaren digitalen Fähigkeiten und Assets im eigenen Unternehmen sowie über relevante Technologietrends und über das relevante Wettbewerbsumfeld – weitere Perspektiven, die in vielen Innovationsabteilungen ebenfalls nicht strukturiert erfasst werden – lassen sich gezielt die geeigneten Lösungsräume beziehungsweise Wachstumsfelder (Opportunity Spaces oder Opporunity Areas) für künftige Innovationsaktivitäten abstecken.
So wird mit vergleichsweise wenig Aufwand sichergestellt, dass künftige Innovationen ein relevantes Problem adressieren und das Risiko von Fehlinvestitionen maßgeblich reduziert.
Präzise definierte Annahmen, kosteneffiziente Pretotypen und geeignete Testformate sind entscheidend, um das Investitionsrisiko zu senken
Für die so identifizierten Lösungsräume oder Wachstumsfelder lassen sich nun zielgerichtet geeignete Value Propositions (Wertversprechen) für neue Produkte, Services und Anwendungsfälle (Use Cases) entwickeln.
Hier gilt die entscheidende Frage: Was muss wahr sein, damit diese Value Proposition im Markt erfolgreich sein kann?
Wichtig: Dieser Schritt erfordert, konkrete Annahmen zu treffen. Um das Risiko weiterhin effizient zu minimieren, ist es ebenso erforderlich, die jeweiligen Annahmen, die einer Value Proposition zu Grunde liegen, transparent und so umfänglich wie möglich zu erfassen.
Beispiel: Digitale Dienste setzen häufig voraus, dass Konsumenten bereit sind, ihre Daten mit dem Serviceanbieter zu teilen. Innovationsverantwortliche müssen in diesem Schritt zunächst Annahmen darüber treffen, welche Daten die späteren Nutzer bereit sein werden zu teilen und für welche konkreten Verwendungszwecke sie ihre Freigabe erteilen werden. Für den Erfolg einer Innovation ist es essenziell, diese Bereitschaft vor der eigentlichen Entwicklung zu testen.
Entsprechend sollten als nächstes effiziente Validierungsschritte definiert werden, die geeignet sind, die Annahmen zu überprüfen. Hierbei kann es sich um weiterführende Rechercheaufgaben handeln, um Annahmen über das Marktpotenzial zu validieren.
Wichtige Annahmen zur erzielbaren Akzeptanz für eine Innovation innerhalb der Zielgruppe lassen sich aber vor allem durch agile Testmethoden validieren.
Validierung durch agile Testmethoden und Pretotypen
Für agile Testmethoden empfiehlt sich besonders der Einsatz sogenannter Pretotypen (oder früher Prototypen). Der Begriff stammt von Albert Savoia (Google) und bezeichnet eine Art Vorstufe zu vollumfänglichen Prototypen – also Pre-Prototypen, kurz Pretotypen.
Im Gegensatz zu Prototypen (die häufig schon als vollfunktionale Vorläufer eines Endprodukts betrachtet werden) sind Pretotypen absichtlich auf spezifische Aspekte einer geplanten Innovation beschränkt und simulieren Funktionalität nur so weit wie nötig.
Pretotypen sind Repräsentationen von spezifischen Merkmalen und Funktionalitäten von Produkten, Dienstleistungen und Use Cases, die zu dem einzigen Zweck entwickelt werden, diesen spezifischen Aspekt einer Innovation (und die zugrunde liegenden Annahmen) mit möglichst geringem Zeit- und Kostenaufwand zu validieren.
Konkret können Pretotypen (oder frühe Prototypen) von Skizzen und Wireframes über Clickdummies bis hin zu Datensimulationen reichen, die alle das Ziel verfolgen,
- zu beweisen oder zu widerlegen, ob eine Value Proposition im Markt erfolgreich sein würde,
- Anpassungsbedarfe festzustellen
- und das Marktpotenzial abzuschätzen.